Ein säurearmer Kaffee scheint mir ein strikter deutscher Begriff zu sein, denn ich habe auch früher nie etwas darüber gehört. Weder in Polen noch in Kolumbien. Im Laufe der Jahre habe ich schon oft gehört, dass Kaffee vielen Leuten auf den Magen schlägt (empfindlichen Magen) und dass sie einige Sorten nicht vertragen. Magenfreundlicher Kaffee, oder säurearmer Kaffee soll eine Lösung dafür sein.

Woher kommen denn die Säuren in den Kaffee?
Woran liegt das und was ist ein säurearmer Kaffee? 

Säure und Sauer

Ganz am Anfang musste man sich mit der deutschen Begrifflichkeit in dieser Thematik auseinandersetzen. Wie man vermutet, hat schon das Wort Sauer und dazugehörende Geschmack keinen so guten Ruf und somit wird der Begriff Säure auch eher negativ und abwertend betrachtet. Eigentlich ist es auf Deutsch gesagt das Gleiche und es ist sehr schwer in der Sprache ausdruckbar.

Im Englischen hingegen, und das ist eigentlich die Sprache in welcher die Kaffeemeisterschaften stattfinden und fast immer (neben Spanischen) die Kaffees Beschrieben und Qualifiziert werden, existieren zwei Worte, die voneinander getrennt werden und was anderes beschreiben: 

Acidity und Sour

Acidity hat eine positive Konnotation und bezieht sich auf, ja, wie man das jetzt auf deutsch sagen sollte, auf die feine Säure (Obst, Wein…) im positiven Sinne und beschreibt Geschmacksprofil des Kaffees, wobei – Sour – ist ein negativer Begriff und bezieht sich vor allem auf ein PH – Wert des Getränkes.

It‘s a fruit – schreite vor einigen Jahren die ganze Third Wave Coffee Szene. Ja, der Kaffee ist eine Frucht, oder anders gesagt, hat eine fruchtig, kirschartige Haut drumherum und ja, wie jede Frucht, ihr Bestandteil von dem Geschmacksspektrum ist auch die Säure und muss auch so schmecken. Es wunderten sich oft die Kaffeeliebhaber aus der Kaffeeszene, die plötzlich viel zu sauer schmeckende Espressi zum Verkosten bekamen. Und das soll mir denn schmecken? – hieß es dann. 

Denn es ist total unterschiedlich, wie die Säure von den Menschen wahrgenommen wird und jeder von uns hat auch persönlich einen unterschiedlichen Schwellenwert im Kaffeegenuss.  Wir merken immer wieder in unseren Kaffee Seminaren, dass die Leute grundsätzlich über angelernte Geschmacksrichtungen verfügen und tendenziell zu den Geschmäckern neigen, die sie in Erinnerung haben, also auch sehr gut kennen. So kommt es oft raus, dass man den typischen Kaffeegeschmack eher mit den Röstaromen, den dunklen Kaffeeröstungen, als mit hellen, modernen Espressi assoziiert. 

Die Betrachtung des Kaffee Geschmacks ist aber auch viel komplexer, als sich nur auf Säure zu begrenzen, denn es handelt sich vor allem über die Ausgewogenheit zwischen Süße und Säure und die Balance und Körper in der Kaffeetasse. 

Wo kommt aber die Säure im Kaffee? 

Ist die Röstung dafür verantwortlich, oder liegt das eher an der Qualität des Kaffees im Ursprungsland? Oder ist das, dass die Leute hierzulande irgendwie Magen empfindlicher sind, als woanders was das Thema Kaffeesorte angeht?

Mir ist in Hinsicht der Qualität immer direkt klar, dass wenn man ganz schlechte Qualität von etwas hat, kann man das normalerweise später, egal mit welchen Prozessen, nicht verbessern. Genauso sehe ich das beim Kaffee und meine erste Vermutung führt direkt zum Ursprung. 

Pflanze und der Kaffeeanbau 

Kaffee ist landwirtschaftliches Naturprodukt. Sehr anfällig, was Wetter angeht und abhängig von guten und strukturierten Arbeitsprozessen. Während des Wachstums der Kaffeepflanze werden verschiedene Säure gebildet. Der Anteil ist auch davon abhängig, wie schnell oder langsam die Pflanze gewachsen ist und wie viel Zeit und Kraft sie hat, um sich auf die Bildung der Kaffeekirschen zu konzentrieren. Wiederum gibt es auch Varietäten, die per se etwas säurehaltiger sind. 

Wie der Kaffee getrocknet ist, spielt auch eine große Rolle. Die „gewaschenen“ Kaffees sind mehr säurebetont, als bei einer trockenen Aufbereitungsart, wo hauptsächlich die Süße gebildet wird.

Die Fehler, die im Kaffeeanbau beim Wachsen oder beim Prozessieren entstanden sind können sich gravierend auf das Geschmack in der Tasse auswirken, sobald die früher nicht aussortiert wurden. Und auf diese Auslese kommt es besonders an. Es ist genauso wie beim Obst, wenn man einen Saft daraus macht. Wenn man die „guten“ mit „weniger guten“mischt, wird der Saft auch nicht besonders schmecken. Genauso ist es beim Kaffee trinken, denn viele sogenannte Kaffee Fehler oder Kaffee Mängel können zu einem sauren Geschmack in der Tasse führen, was sich wiederum negativ auf den Magen Empfinden auswirken kann.  Wer mag denn schon Essigsäure, modrige, erdige oder saure Geschmacksrichtungen?  Der Caffè wird im Ursprungsland immer nach verschiedenen Qualitäten sortiert und zu entsprechenden Preisen angeboten.  Wenn man dann hier einen Kaffee im Supermarkt zu einem Preis z.B. von 9,99 € pro Kilo kauft und einen guten Kaffee, unabhängig von der Zubereitung, erwartet, ist hier fehl am Platz.

Denn bei dem Preis ist es utopisch zu erwarten, dass nur die reifsten Bohnen gepflückt wurden und dass der Kaffeebauer besonders viel Aufmerksamkeit der Auslese geschenkt hat. Es ist eher nach dem Prinzip, wie der Preis so die Qualität.

Aber lass uns annehmen, wir kriegen doch nur gut qualitativen Kaffee als Getränk in die Tasse. Sind die perfekten Kaffeebohnen wie z.B Arabica-Bohnen säurearm und magenschonend?

Nein. Kaffee enthält bis 40 verschiedenen Säuren, von denen nur einige für uns spürbar sind, wie z.B. zitrische Säure, Apfelsäure, Phosphorsäure, Milchsäure, Essigsäure und vor allem Chlorogensäure, die den größten Anteil im Kaffee haben. Und die letzte stellt man vor allem als Verantwortliche für den schlechten Magen Empfinden. Ob das ausschlaggebende und die einzige Ursache ist, ist eine vereinfachte Betrachtung des Problems und lässt sich um viele andere gesundheitliche Befindlichkeiten ergänzen (Allergien, falsche Ernährung, etc.) 

Würde man einen Kolumbianern fragen, was ihm wichtig an Geschmack im Kaffee ist, würde er als erstes – Säure sagen. Ja, richtig gelesen: Säure.

Denn Kaffee ohne Säure schmeckt flach und würde dem vor allem gar nicht schmecken. Geschweige davon, dass der Kaffeebauer für so einen Rohkaffee viel weniger Geld bekommen würde.

Die Röstung

Schonende Langzeitröstung soll die beste „Methode“ gegen wenig Säure im Kaffee sein, liest man überall. Bei höherer Temperatur und längerer Zeit werden die Säuren im Kaffee abgebaut.  Deswegen auch die Meinung vieler Leuten, dass Espresso besser verträglicher sei, als der Filterkaffee. Im Filterkaffee wird die Säure ganz anders wahrgenommen, denn der Kaffee ist nicht so konzentriert wie Espresso. 

Zubereitung

Falscher Kaffee zur falschen Zubereitungsart, Dosierung, Mahlgrad, Durchlaufzeit, etc. Es gibt auch hier jede Menge Schrauben, an welchen man schrauben könnte, dass man den perfekten, nicht zu sauren Geschmack des Kaffees bekommt. 

Zu hell geröstete Kaffees schmecken trotz ihrer Säuregehalt „gefiltert“ als Filterkaffee sehr lecker. Würde man so einen als ganze Bohnen in den Kaffeevollautomat reinschmeißen, würde er viel zu sauer und eher ungenießbar schmecken. Das liegt vor allem an dem Brühprinzip bei dieser Zubereitungsart, der viel kürzer als typischer gefilterter Kaffee ist und während des kurzen Aufbrühen nicht genug Zeit um sich in vollem Gange zu entwickeln.

 

Unsere Wahl für die Süße – Liebenden:

 

  • Honey

  • Cherry

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